Das renommierte VTT Technical Research Centre of Finland, ansässig in Helsinki, hat kürzlich ein Pilotprojekt erfolgreich abgewickelt, das sich mit der Thermoformung von Schaumstoff aus Zellulose befasst. Dabei wurde das Material zu einer harten 3D-Verpackung umgeformt. Diese Entwicklung bietet eine umweltfreundliche Alternative zu den üblichen Lebensmittelverpackungen aus Polypropylen (PP).
Die Zellulosebasierten Materialien zeichnen sich durch ihre bemerkenswerte Dehnbarkeit aus. Dieses Merkmal ermöglicht die Herstellung von tieferen Verpackungen, im Gegensatz zu anderen auf Faser basierenden Materialien, und öffnet so neue Wege in der Erzeugung von bisher unerreichbaren kartonähnlichen Verpackungen.
VTT hat bei dieser Pionierarbeit eng mit Gruppo X di zusammengearbeitet. Die Nutzung des zellulosebasierten Materials bei der Thermoformung auf den Anlagen von LUT hat keine größeren Modifikationen der Maschinen erforderlich gemacht: „Es war nur eine normale Optimierung der Prozessparameter notwendig“, so Kristian Salminen, der Leiter des Teams für biobasierte Materialien bei VTT.
Salminen geht zudem davon aus, dass die Geschwindigkeit dieser Produktionslinie mit jener verglichen werden kann, die bei herkömmlichen Kunststoffen erreicht wird. Dieses Potenzial ist ein Hinweis darauf, dass die Prozedur, wenn sie in größerem Maßstab angewandt wird, kostengünstig wird und Marken eine praktikable und nachhaltige Alternative zum PP-Thermoformen bietet.
Das Hauptelement des neuen Materials ist Zellulose aus Holz. „Zellulose ist ein wichtiger Bestandteil vieler anderer natürlicher Materialien – Stroh, Baumwolle, Pflanzen – aber diese sind für diese Anwendung nicht so geeignet wie Holzzellulose“, erklärt Salminen.
Eine nachhaltige Alternative zur PP-Lebensmittelverpackung.
Der außerordentliche Dehnwert des zellulosebasierten Materials ist eines der wichtigsten Merkmale für seine Anwendung in der Lebensmittelverpackung. Gewöhnliche Kartons für Verpackungsanwendungen haben in der Regel eine Dehnbarkeit von 3 % bis 6 %, wobei die am besten formbaren Kartons eine Dehnung von bis zu 18 % aufweisen. VTT hingegen hat mit dem Zellulosematerial im Pilotversuch eine Ausdehnung von bemerkenswerten 30 % erreicht.
Diese Errungenschaft ermöglicht es Lebensmittelproduzenten, die Kapazitäten ihrer kartonähnlichen Verpackungen von 75 Gramm auf bis zu 250 Gramm auszudehnen. VTT berichtet zudem, dass durch weitere Anpassungen des Formprozesses und der Abmessungen der Schalen die Produktion noch größerer Verpackungen realisierbar ist.
Für den kommerziellen Gebrauch würde die fertige Verpackung mit einem flexiblen Deckel und/oder einem harten Verschluss versehen werden. „In der Zukunft wäre der Deckel bevorzugt auch aus biobasiertem Material zu fertigen, obwohl zurzeit auch der Einsatz von Kunststoffdeckeln üblich ist“, sagt Jarmo Kouko, Leiter des Forschungsteams bei VTT.
„Der Anteil des Deckels im Vergleich zur Schale ist geringer und daher hat der Ersatz des Kunststoffs durch eine kartonartige Schale einen größeren Einfluss auf die Nachhaltigkeit“, fügt Kouko hinzu.
Da alle Komponenten und Chemikalien des zellulosebasierten Materials bereits für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen sind, sollte das Material selbst auch durch die entsprechenden Behördenkanäle für den Verzehr freigegeben sein.
Nächste Schritte für die Zellulose-Biopolymerverpackung von VTT.
„VTT hat das Konzept nun erfolgreich getestet und wir sind bereit, in weiteren Entwicklungsprojekten mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, die bereit sind, nachhaltige Verpackungen zu überdenken und kommerzielle Anwendungen voranzutreiben“, so Salminen.
Die Kommerzialisierung der Technologie steht im Kontext der aktuellen EU-Richtlinien und Vorschriften, die sich auf Kunststoffprodukte auswirken. Seit 2021 sind Lebensmittelbehälter und Becher aus expandiertem Polystyrol (EPS) in der EU verboten.
Hersteller von Einwegkunststoffartikeln in der Region sind zudem verpflichtet, die Kosten für die Entsorgung ihrer Produkte zu tragen. Dies stellt zusätzlich einen starken Anreiz dar, nach nachhaltigen, kostengünstigen Verpackungsalternativen zu suchen.
Das Pilotprojekt mit Zellulose-Verpackungen wurde im Rahmen eines Forschungsprogramms durchgeführt, in dem VTT mit 54 Unternehmen und dem Regionalrat von Zentralfinnland zusammenarbeitet, um vielversprechende Alternativen für Kunststoffprodukte zu entwickeln.
Das VTT-Team, das das Pilotprojekt leitet, plant, seine Forschungsergebnisse vom 8. bis 9. November 2023 auf der Greener Manufacturing Show 2023 in Köln, Deutschland, vorzustellen.